Nairobi - Stadtführung aus Sicht eines Straßenkindes

Nairobi - Stadtführung aus Sicht eines Straßenkindes

Du bist in Nairobi und willst dich nicht mit den Haupttouristenwegen zufrieden geben? Du möchtest sehen, was in downtown abgeht und wie die Bevölkerung wirklich lebt? Du bist bereit, auch mal ein bisschen raus aus der Komfortzone zu gehen und mit der Realität konfrontiert zu werden? Da haben wir heute genau das Richtige für dich: Wir haben in Nairobi eine Stadtführung aus Sicht eines ehemaligen Straßenkindes gemacht und eine Slumtour hintendran gehängt. Buchung, Preise, Zeiten und Erfahrungsberichte findest du im Folgenden. Eines können wir jetzt schon spoilern: Es lohnt sich absolut! Aber lies selbst:-)


Kerndaten der NaiNami City Tour und Slumexkursion

Stadtführung

Wir haben die Stadtführung über die Website von Nai-Nami gefunden:

Täglich werden 2 Touren eingeboten - eine um 10:00 und eine um 13:30. Man sollte schon ein bisschen im vorraus planen, wenn man nicht flexibel ist. Kosten waren 45$ pro Person.

Exkursion in die Slums

Aus ethischen Gründen werden Slumtouren nicht onlie buchbar angeboten. Wir haben uns sehr gut mit unserem Guide verstanden, der uns dann spontan angeboten hat, uns gegen ein Entgelt sein Zuhause (also die Slums) zu zeigen. Das Entgelt betrug um die 35$.


Erlebnisbericht der Stadtführung  

Die Stadtführung begann um 08:00 vor einem BATA-Shop in der Innenstadt. Von dort aus lief man in Richtung downtown. Während die Straßen so nach und nach immer heruntergekommener wirkten, durften wir unserem Guide, Taifun, lauschen: Er erzählte einiges zur Geschichte der Stadt, aber auch zur aktuellen politischen Lage. Das war schon echt interessant, weil zur Zeit unseres Nairobi-Besuchs die Proteste gegen den Präsidenten stattfanden, der u.a. die Steuern auf Brot und Milch erhöht hatte, und Taifun einiges aus erster Hand wusste. Noch spannender waren aber auch sein Wissen über Nairobis Downtown und seine Geschichte.

Taifuns story

Taifun lief im Alter von 9 Jahren von Zuhause weg. Er lebte in den Slums mit seiner Mutter, die es leider nicht schaffte, genug zu Essen nach Hause zu bringen. Auf der Straße zu leben, schien ihm die bessere Alternative zu sein. Er beging Verbrechen, klaute und lebte mehrere Jahre als Straßenjunge. Er holte sich in Kirchen, Tempeln und Moscheen kostenloses Essen, weshalb er - wie er uns lachend erzählte - mehrmals die Woche spontan die Religion wechselte. Der Rest seines Lebens als street kid war nicht so lustig: Im Laufe der Zeit verlor er einige Freunde, die aufgrund von Verbrechen angezündet oder erschossen wurden. Er selbst musste für 3 Jahre ins Gefängnis. Das war sein Wendepunkt, da er dort auf einen Lehrer traf, der im Englisch und mehr beibrachte.
Heute arbeitet er als Guide bei der NaiNami-Organisation, die daran arbeitet, die Situation von Straßenkindern in Nairobi zu verbessern.


Erlebnisbericht der Slumtour

Die Slumtour war ein spontanes Angebot von Taifun, das wir super gerne annahmen. Er wies uns darauf hin, dass Touren dieser Art aus ethischen Gründen nicht online angeboten werden und wir niemals allein in die Slums gehen sollen - für die Leute dort könnte das beleidigend wirken. Umso dankbarer waren wir über seine Führung - es war nämlich eine unglaublich wertvolle Erfahrung.

Kurzer Reminder: Das ist ein Erlebnisbericht über ein sehr ernstes und vulnerables Thema - jegliche Formulierung sind in keinster Weise beleidigend o.ä. gemeint. Wir wollen nur Eindrücke wiedergeben und sind für konstruktive Kritik u./o. Diskussion offen:-)

Wir gelangten mit einem sog. Matatu zum Ort des Geschehens. Das sind die öffentlichen Busse der Einheimischen. Taifun wies uns daraufhin, dass wir allein auch nicht mit ihnen fahren sollten. Die Busse fahren nach einem sehr losen Fahrplan, den man erfragen kann. Sie starten, wenn sie voll sind und halten, wenn man darum bittet. Bezahlt wird mit kenianischen Schilling. Die Matatus sind bunt bemalt - dabei folgen sie oft verschiedenen Themen: Wir sahen welche voller blauer Schmetterlinge, aber auch welche, die an Harry Potter, Frozen und Game of thrones angelehnt waren. Innen drin läuft laute Musik (für Impressionen gib einfach mal "AfroBeats" auf spottify ein ;-)).

Wir waren auf unterschiedlichen Ebenen überrascht von den Slums. Zum einen waren wir in einem Slum, der - im Gegensatz z.B. zu manchen Favelas in Brasilien - kein reiner Armutsslum darstellt. Viele Menschen leben hier als Übergangslösung aufgrund der bezahlbareren Mieten. Oftmals gehen sie Arbeit in der Stadt nach.

Es gibt heruntergekommene Steinhäuser. Die häufigste Wohnmöglichkeiten stellen jedoch Konstruktionen aus Wellblech dar. Innen drin ist wenig Platz - gerade genug zum Schlafen und ein wenig Stauraum. Es gibt weder fließend Wasser noch Strom. Dafür verdammt viel Müll, der hier auch gezielt abgeladen  oder mit dem Fluss angeströmt wird. In den Bergen klettern Menschen, die nach brauchbaren Sachen suchen oder Tüten recyclen. Taifun zeigt uns auch das Haus seiner Mutter, für die wir auf dem Weg Milch, Zucker und Öl als "Gastgeschenk" kauften.

Weiter zeigte er uns sein Stammpub. Dort durften wir mit ihm und ein paar seiner Freunde das lokale Bier probieren und deren Musik hören. Wir wurden sehr freundliche aufgenommen (spätestens, als sich die Jungs unserer Gruppe und alle anderen anwesenden Männer als riesiges Fußballfans entpuppten).

Weiter sahen wir viele Kinder, die unserer Haut berühreren wollten und denen wir Süßigkeiten kauften. Im Slum gibt es sogar durch Missionare den Versuch ein Schulsystem zu etablieren. Für drei Monate sind die Gebühren umgerechnet 7€. Selbst das können sich manche Familien nicht leisten, weshalb sie von Spenden abhängig sind.

Die ganze Tour war ein unglaublicher Einblick und wir sahen es als riesiges Privileg an, das uns alle auch sehr nachdenklich stimmte. Wer ebenfalls die Gelegenheit hat und gleichzeitig bereit ist, Respekt und Wertschätzung mitzubringen, sollte sich das nicht entgehen lassen.


Nochmal vielen Dank an Taifun an der Stelle! Der Tag war wirklich wahnsinnig prägend für uns alle. Vielleicht wird er das für dich auch sein und wir konnten dich motivieren? Worauf wartest du dann noch?
Raus in die Welt mit dir!

Chiara & Marie